Ich gebe zu, wenn dieser Roman bei meiner Buchhändlerin ausgelegen wäre, ich hätte ihm keine Aufmerksamkeit zukommen lassen. Gut, das Cover ist cool, doch der Titel ist nicht meines. Als mir dieses Buch angeboten wurde, war ich irgendwie trotzdem gespannt was da auf mich zukommt. By the way, dieser Roman ist außergewöhnlich berührend in einer überaus faszinierenden Art, dass ich mir die Seiten, wie einen guten Wein in genussvollen Schlucken, gegönnt habe.
Bregje erzählt ihre Lebensgeschichte. Die junge Frau hat ihre Jugendliebe Luc geheiratet. Sie findet, dass Luc für einen Mann einfach zu gut aussieht. Sie selbst empfindet sich nicht als schön. Bregje ist eine besondere Persönlichkeit, sie schreibt schon immer Tagebuch, wohl auch um sich immer wieder zu vergewissern welche Gedanken um Erlebtes in ihrem Kopf kreisten. Sie betrachtet das Leben, das sie durchläuft hypersensibel. Auch besitzt sie einen Sturkopf schon von Kindesbeinen an. Mit ihren Gedanken schwebt sie oft in ihrer eigenen Welt.
Wie oft hast due mich gefragt: Wo bist du mit deinen Gedanken? Die Antwort hältst du jetzt in Händen, und wenn du mich suchst: Ich bin um deinen Finger gewickelt. – Seite 35
Bregje ist gefüllt mit Selbstzweifeln. Genügt sie Luc? Ist sie gut genug für ihn? Alles scheint sich nur um Luc zu drehen, so nimmt es Bregje jedenfalls wahr.
Wer bin ich, wenn ich mit ihm zusammen bin – bin ich dann anders, weniger, mehr? Selbst wenn ich alleine bin, bin ich sein Mädchen, in seiner An – und Abwesenheit, auf jeden Fall in seiner Wesenheit. Er ist der Paradiesvogel von uns beiden, mit seinen Partys, seinen Freunden und seinem charmanten Französisch. Selbst wenn ich alleine bin, habe ich das ungute Gefühl, mich irgendwie aufzulösen. – Seite 109
Die Gemütslage spitzt sich für Bregje zu und sie Verlässt mit einem Rucksack, gefüllt mit Tagebüchern und dem Nötigsten ihren Mann. Zuerst braucht sie nur den für sie erforderlichen Abstand. Doch Luc kann dies nicht nachvollziehen, er will seine Frau zurück. Für ihn war doch alles gut so, wie es war. Eine Paartherapie soll es richten. Selbst Bregjes Familie, ist wie vor den Kopf gestoßen. Luc passte perfekt zu ihnen.
Bregje, die Ich – Erzählerin, fühlt sich schon von Kindesbeinen unverstanden. Durch ihre Tagebücher reflektiert sie sich und ihre Umwelt. Ihre Tagebücher sind ihr Leben.
Das erwarte ich von meinem Tagebuch: die nackte Wahrheit über mich. Dass ich mich entblöße, einschließlich meiner Wunden. Damit sie schön an der Luft trocknen können. – Seite 293
Dieser Roman ist für mich, eines der besten Bücher. Er ist gespickt mit intensiver Poesie, die positiv erschüttert. Bregje Hofstede besticht durch ihre filigrane Beobachtungsgabe. Sie öffnet ihre Seele und lässt sich in die Geschichte fallen. Sie schält ihr Verlangen, wie Wertschätzung, Tiefsinn und Sex, Lage für Lage ab. Doch das ist noch lange nicht alles. Es ist eine Ode an die erste große Liebe, die sich im Laufe der Zeit verändert. Es ist ein Buch einer Frau, die jahrelang vor sich selbst geflüchtet ist und sich Stück für Stück in Persona findet. Lest dieses Buch!
Sabine Krass
- Verlangen
- Bregje Hofstede
- Roman
- Oktaven Verlag
- 9783772530197
- 431 Seiten
- Übersetzt von Christine Burkhardt
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