Die Booker Prize 2019 Gewinnerin Bernardine Evaristo hat zwölf schwarzen Frauen ihre Stimme gegeben. Sie spiegelt die großen, täglichen Herausforderungen dieser Frauen mit großer Leidenschaft wider.
Das erste Porträt zeigt Amma, eine schwarze, lesbische Dramaturgin. Sie hat sich ihren Platz in der Gesellschaft hart erkämpft. Nun ist sie in der Theaterszene von London, an einem wichtigen Ziel angekommen. Sie feiert mit ihrem Stück am National Theatre die Premiere. Amma gibt sich stark und feministisch. Ihre Tochter Jazz, ihr ein und alles, soll es besser haben als sie.
Jazz, sie studiert englische Literatur und möchte dann als Journalistin tätig sein. Sie sieht der Premiere ihrer Mutter eher mit gemischten Gefühlen gegenüber. Denn Jazz befürchtet, eine provokante Inszenierung. Jazz ist mit Warris befreundet, eine junge Frau aus Somalia. Warris trägt Hidschab und nach dem 11. September 2001 wird sie immer wieder auf der Straße beschimpft, geschubst und bespuckt. Diese Anfeindungen setzen ihr massiv zu. In 5Punkten wird sie als Kriminelle abgestempelt: Schwarz, Muslima, Frau, arm, verschleiert.
>wenn irgendwer sie fragt, ob sie mit Osama bin Laden verwandt sei – wenn irgendwer ihr sagt, sie sei für seine Arbeitslosigkeit verantwortlich – wenn irgendwer ihr sagt, sie sei Migranten-Ungeziefer……………….- Seite 75
Carole, eine ehemalige Problemschülerin, war Mathematikstudentin in Oxford und ist nun als Vice Präsidentin in einer Investmentbank. Ihre Mutter Bummi hat lange als Putzfrau gearbeitet. Sie ist ursprünglich aus Nigeria und kommt mit dem Britishness ihrer Tochter Carol kaum zurecht.
Alle zwölf schwarze Frauen sind miteinander verwoben. Bernardine Evaristo hat hier in ihrem Roman eine wichtige Gesellschaftsstudie zu Papier gebracht. Alle Frauen sind subtil herausgearbeitet. Ich gebe zu, mit der etwas maskulin wirkenden Art mancher Protagonistinnen hatte ich so meine Schwierigkeiten. Und dies schon gleich zu Beginn dieses Buches. Doch ich kann behaupten, dass es sich für mich gelohnt hat dieses Buch zu lesen. Es strotzt voller Kraft und Humor. Und was das entscheidende ist, Bernardine Evaristo zeigt die Ängste dieser Frauen auf, wie zum Beispiel von Carol, der Investmentbankerin.
>sie kann nur hoffen, dass er sie nicht ansieht, als gehöre sie hinter einen Rollwagen mit Kaffeekannen, einer Teeauswahl ( Kräuter, grün, Earl Grey, Assam) und diesen einzelnen verpackten Firmenkeksen< – Seite 139
Mädchen, Frau, ETC. ( der Titel ist gewöhnungsbedürftig )ist ein sensibilisierendes Buch, dass ohne Interpunktion auskommt und somit rasant durch die Seiten gleitet. Der Mittelteil weist zwar Längen auf, die das letzte Drittel wieder wettmachen. Ich kann und möchte dieses Buch sehr gerne empfehlen, denn es ist ein Gewinn. Ein Gewinn an Informationen über nicht priviligierte Frauen, ein Gewinn zur Sensibilisierung, ein Gewinn eines gelungenen Romanes!
Sabine Krass
Das Cover ist in einem kräftigen Gelb gehalten und zeigt die Seitenansicht einer schwarzen Frau mit einem farbenfrohen Kopfwickel.
- Mädchen, Frau ETC.
- Bernardine Evaristo
- Roman
- Tropen Verlag
- ISBN: 9783608504842
- Übersetzt von Tanja Handels
Schreibe einen Kommentar