
Im Jahr 1957 kommt in der Stadt Hiroshima, deren Name eng mit der Tragödie der Atombombenexplosion verknüpft ist, eine intime und tiefgreifende Begegnung zwischen zwei Menschen zustande, die von ihren unterschiedlichen Kulturen und Lebenswegen geprägt sind. Eine französische Schauspielerin, die verheiratet ist, kommt für die Dreharbeiten zu einem Antikriegsfilm in diese Stadt. Am vorletzten Drehtag begegnet sie einem japanischen Architekten, der verheiratet ist und fließend Französisch spricht. Ihre zufällige Begegnung wird zum Schauplatz einer Auseinandersetzung mit Liebe und Verlust sowie den Narben, die der Krieg der Menschheit schlägt.
Nach einem ersten Gespräch bringt die Schauspielerin den Architekten in ihr Hotelzimmer, wo sie die Nacht miteinander verbringen. Sie teilen ihre Nähe, während sie beginnt, von ihren Eindrücken aus dem Museum in Hiroshima zu berichten. Sie schildert Ausstellungsstücke und Unterlagen, die das Leid und die Zerstörung durch die Atombombe verdeutlichen. Der Architekt spricht jedoch immer wieder den Satz „Du hast nichts gesehen.“ aus. Diese Worte scheinen eine Herausforderung darzustellen, ebenso wie einen Ausdruck seiner eigenen Trauer und Unfähigkeit, das Ausmaß des Geschehenen vollständig zu vermitteln. Ihre Erzählungen verweben sich mit der Geografie des Ortes und den unausgesprochenen Wunden, die Hiroshima verkörpert.
Vor ihrer Abreise aus dem Hotel am Morgen des Tages duschen sie gemeinsam – dies ist nicht nur ein Zeichen von Intimität, sondern auch ein symbolischer Akt der Reinigung, als wollten sie sich von den Schatten der Vergangenheit lösen. Die Schauspielerin trägt schon die Schwesterntracht ihrer Rolle, was klar darauf hinweist, dass sie bald wieder in ihre berufliche Realität eintauchen wird. Sie informiert den Architekten darüber, dass sie am darauffolgenden Tag nach Paris zu ihrem Mann und ihren Kindern zurückfliegen wird. Trotz seiner eindringlichen Bitte, ihren Rückflug zu verlegen, bleibt sie bestimmt. Die Filmcrew holt sie ab, und die Begegnung endet flüchtig, wie sie begann, doch sie bleibt prägend.
Die Erzählung dieser zwei Figuren ist von einer tiefen Dualität geprägt. Obwohl sie nah zu sein scheint, ist die Distanz zwischen ihren Lebenswelten und kulturellen Hintergründen unüberwindbar. Hiroshima fungiert als Stadt und historischer Schauplatz als dritte Hauptfigur, die die narrative Struktur des Films gestaltet. In dieser Erzählung verschmelzen die Tragödie der Vergangenheit und die Flüchtigkeit des Augenblicks zu einem eindringlichen Porträt menschlicher Verbindung und Verlust.
Diese Begegnung stellt mehr dar als nur eine Liebesgeschichte. Sie ist eine Reflexion über die Unmöglichkeit, die Vergangenheit zu vergessen, und über die Wirkung von Momenten, die trotz ihrer Kürze bleibende Eindrücke hinterlassen. Ausgesprochene Leseempfehlung!
Das Coverbild zeigt eine Schwarz-Weiß-Aufnahme aus dem Jahr 1959 aus dem gleichnamigen Film, in dem die Schauspieler Emmanuella Riva und Eiji Okada gegenüber sitzen. Sie blicken sich an, während er ihr sanft lächelndes Antlitz mit seinen Händen hält.
- Hiroshima mon amour
- Marguerite Duras
- Filmnovelle
- Suhrkamp Verlag
- ISBN: 9783518366127
- 114 Seiten
- Übersetzt von Walter Maria Guggenheimer
- Erschienen in der Erstauflage 1973
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