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Herzlandschaft ~ Juliane Ziegler

Was für eine fabelhafte literarische Reise in die „Herzlandschaft” von Marie Luise Kaschnitz.

1924 folgt die Buchhändlerin Marie Luise ihrem zukünftigen Mann Guido Kaschnitz, einem österreichischen Archäologen, nach Rom. Benito Mussolini ist seit zwei Jahren an der Macht. Mussolini ist ein äußerst raffinierter Politiker, der den Staatsapparat sukzessive in eine Diktatur umwandelt. Marie Luise und Guido heiraten 1925, und 1928 erblickt die Tochter Iris das Licht der Welt. Nach ihren ersten Erfolgen in einer Ausschreibung des Bruno Cassirer Verlags 1930 sieht sich Marie Luise in ihrem Können bestätigt und schreibt an ihrem ersten Roman. Der Lektor Max Tau baut Marie Luise immer wieder auf und bestärkt sie. Es folgen Erzählungen, Essays und Gedichte. Mit Guido führt sie eine harmonische Ehe und versucht ihre Arbeit, dem Haushalt und der Tochter Iris gerecht zu werden.

Ihr Roman „Liebe beginnt” erscheint 1933 unter einem ungünstigen Stern. Es ist die Zeit der Bücherverbrennung.

Zur selben Zeit landen in Deutschland die Bücher von Erich Kästner und Heinrich Mann in den Flammen, Werke von Sigmund Freud und Kurt Tucholsky wurden verbrannt, die Bücher von Irmgard Keun verboten.

Ricarda Huch und Thomas Mann waren begeistert von Marie Luises Roman. Jedoch wurde der Roman das Opfer seiner Zeit. 1934 gewinnt Marie Luise unter 15.000 Einsendungen mit ihrem Gedicht „ Die Wellen”. Das Preisgeld beläuft sich auf 1000 Reichsmark und Marie Luise kauft sich ihr erstes eigenes Auto, einen Opel P4.

Während des Zweiten Weltkrieges zog Marie Luise wieder nach Frankfurt am Main. Sie vermerkt im Mai 1945:

Freude, nichts als Freude, keine Trauer über Deutschlands Untergang, gute Laune alle Tage, trotz Hunger, Angst vor Plünderungen und Obdachlosigkeit von Zeit zu Zeit.

Die letzten Kriegsmonate verbrachte die Familie Kaschnitz auf dem Familiengut in Bollschweil. Nach dem Krieg stürzt sich Marie Luise auf die Realisierung ihrer Schreibprojekte. Papier ist knapp zu dieser Zeit. Sie lernt den Paul Celan kennen, freundet sich mit Ingeborg Bachmann an und ist zu Gast in der Gruppe 47. Marie Luise kehrt mit ihrer Familie nach Rom zurück. 1955 erhält sie den Georg-Büchner-Preis. 1958 verstirbt ihr Mann Guido, und Marie Luise verfällt in eine Lebens – und Schaffenskrise. Weitere Werke und viele Auszeichnungen folgen. Im Oktober 1974 soll Marie Luise ihren Vortrag „Rettung durch Fantasie” auf der Frankfurter Buchmesse halten. Ein Plädoyer für die Lyrik. Doch dazu kann es nicht mehr kommen. Marie Luise stirbt an einer Lungenentzündung in Rom. Nur ein Jahr nach dem Tod ihrer Freundin Ingeborg Bachmann.

Ich habe nur minimal den Inhalt dieses fantastischen Buches wiedergegeben. Es hat mich absolut begeistert! Anregend und flüssig ist der Stil von Juliane Ziegler. Sie platziert die Originale von Fotos und bisher unveröffentlichten Dokumenten perfekt in dieser Biographie. Juliane Ziegler erinnert an diese außergewöhnliche Autorin, die durch ihre subtile Diktion ihrer Texte faszinierte.

Für mich war dieses Buch ein großer Anreiz, mich mehr mit den Werken von Marie Luise Kaschnitz und der Gruppe 47 zu beschäftigen. Dankeschön, Juliane Ziegler.

Das Cover zeigt eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von Marie Luise Kaschnitz. Ihr Blick ist in die Kamera gerichtet. Im Mund hält sie eine Pfeife. Ihr Haar gelockt und gescheitelt.

  • Herzlandschaft
  • Marie Luise Kaschnitz in Italien
  • Juliane Ziegler
  • ebersbach & simon
  • ISBN: 9783869153070
  • 143 Seiten
  • Erschienen 2024

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