
Der Eingangstext spricht für sich:
„Ob Herta Müller die Werke von Böll, Liao Yiwu oder Goldschmidt liest, oder sich mit dem politischen Geschehen befasst: stets ergreift sie Partei für die Aufrichtigkeit. Sie kennt die subversive Kraft des Lachens, und sie weiß, dass Diktatoren nichts so schlecht vertragen wie die Wahrheit. Aber auch ihr Blick auf unsere Gesellschaft ist unbestechlich. Stehen wir für unsere Werte ein, wenn es um den Schutz von Minderheiten, Verfolgten und Exilsuchenden geht?”
Dieses Buch ist eine Anthologie von Reden und Essays der rumänisch-deutschen Autorin Herta Müller. Sie thematisiert in diesen Texten Diktatur, Überwachung, Widerstand, Wahrheit, Sprache und Literatur. Sie denkt über ihre persönlichen Erlebnisse während der Ceaușescu-Regierung in Rumänien nach, wo sie als Dissidentin galt und Repressionen erlitten hat.
Es sind unter anderem verschiedene Reden von Müller zu unterschiedlichen Anlässen enthalten, darunter ihre Nobelpreisrede aus dem Jahr 2009. Sie thematisiert in diesen Reden das subversive Potenzial des Lachens, die Relevanz von Wahrhaftigkeit und Wahrheit in einer Diktatur sowie die Funktion der Literatur im Kampf gegen Unterdrückung. Auch die Rolle der Sprache als Instrument der Selbstbehauptung und des Widerstands gegen sprachliche Manipulation und Verzerrung wird von ihr behandelt. Herta Müller erzählt auch von der Furcht, der Kontrolle und dem unberechenbaren Handeln des Ceaușescu-Regimes, aber auch von ihrem eigenen Widerstand und ihrem festen Willen, ihre Integrität zu bewahren. Müller untersucht die Funktionsweisen der Macht sowie die Folgen von Überwachung und Denunziation für das individuelle Dasein und das gesellschaftliche Zusammenleben.
„Denn Freiheit hat ihren konkreten Ort, an dem sie vorhanden ist oder fehlt. Sie hat ihren Inhalt, ihr Gewicht. In der Freiheit ist immer eine konkrete Situation. Es findet etwas statt oder es wird verhindert. Diese beiden Kategorien sind immer präsent: erlaubt und verboten. In der Diktatur war fast alles, was ich tun wollte verboten. Und was erlaubt war, hab ich mir selbst verboten, weil ich nicht so werden wollte wie diejenigen, die es mir erlaubten. Die Freiheit ist ein Gegenstand.”
„Eine Fliege kommt durch einen halben Wald“ ist daher nicht nur eine Sammlung von Reden und Essays, sondern auch ein Zeugnis für den Mut und die Widerstandsfähigkeit einer Schriftstellerin, die sich der Diktatur widersetzte und ihre Erfahrungen in eindringlicher Sprache verarbeitete. Ausgesprochene Leseempfehlung!
- Eine Fliege kommt durch einen halben Wald
- Herta Müller
- Büchergilde Gutenberg
- ISBN: 9783763275298
- 123 Seiten
- Erschienen 2024
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