
Der Roman handelt von der jungen Sofia, die mit ihrer Mutter Rose von London in eine kleine Stadt an der spanischen Küste reist. Der Grund für die Reise ist Roses geheimnisvolle Krankheit, die seit Jahren ein Rätsel für Ärzte darstellt. Mutter und Tochter suchen in der Hoffnung auf Heilung die Klinik des ebenso charismatischen wie rätselhaften Dr. Gómez auf, der für seine unorthodoxen Therapiemethoden bekannt ist.
Sofia hat ihr Anthropologiestudium in London aufgegeben, um für ihre Mutter da zu sein. Sie befindet sich in einem inneren Konflikt zwischen Abhängigkeit, Fürsorge und dem Wunsch nach Selbstbestimmung. Trotz ihrer Krankheit bleibt Rose dominant und manipulierend, während Sofia in der Hitze Andalusiens beginnt, die Grenzen ihres bisherigen Lebens zu hinterfragen. Durch die Begegnung mit Dr. Gómez und weiteren exzentrischen Persönlichkeiten vor Ort, wie der deutschen Ingrid, wird Sofia angeregt, sich mit ihrer eigenen Identität zu beschäftigen. Sie fängt eine Affäre mit Ingrid an und geht gleichzeitig eine komplizierte Beziehung mit Juan, einem spanischen Rettungsschwimmer, ein. Diese Begegnungen machen Sofias Selbst- und Mutterbild immer vielschichtiger. Das Geheimnis von Roses Krankheit wird im Laufe des Romans nur anscheinend gelöst. Es wird immer offensichtlicher, dass ihre Lähmung neben medizinischen auch psychologische Ursachen hat. Mutterschaft und Tochtersein sind von einer gegenseitigen Abhängigkeit sowie von alten Verletzungen geprägt. Sofia muss sich fragen, wo ihre eigenen Wünsche anfangen und enden, wenn sie nur die Tochter einer Kranken ist. In Levys Roman werden Themen wie Identität, weibliche Selbstbestimmung, die Suche nach Freiheit und Machtstrukturen in familiären Beziehungen behandelt. Die flimmernde Hitze Spaniens, das Meer und die unbekannte Umgebung spiegeln Sofias innere Zerrissenheit wider. Am Ende des Romans steht Sofia vor einem Wendepunkt: Sie hat die Kraft gefunden, sich von der erdrückenden Abhängigkeit zu befreien, und wagt den Schritt in ein selbstbestimmtes Leben – auch wenn der Weg dorthin voller Unsicherheiten ist.
Was den Inhalt angeht, so muss ich sagen, dass dieser Roman bei mir ambivalente Gefühle hinterlassen hat. Vieles blieb unausgesprochen und flimmerte unter der sengenden Sonne Andalusiens. Vielleicht war ich auch nur geblendet, aber bis zur Buchmitte wusste ich nicht genau, wohin die Reise gehen sollte. Trotz all dieser Unklarheit entfaltet die Geschichte einen unerklärlichen Sog. Doch lest selbst oder seht euch die Verfilmung an, die es seit kurzem in den Kinos zu sehen gibt.
Das Cover zeigt ein junge Frau mit dunklen, langen Haaren auf einem Gestein liegend und eine orangefarbene Qualle mit leuchtend blauem Hintergrund. Alle Schriften sind in weiß gehalten.
- Heiße Milch
- Deborah Levy
- Roman
- Kiepenheuer & Witsch
- ISBN: 9783462049770
- 287 Seiten
- Auf Deutsch 2018 erschienen
- Übersetzt von Barbara Schaden
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