Ein wahrlicher Klassiker. Was hier als ein leichter Sommerroman anmutet, endet in einer Tragödie.
Schauplatz ist ein Fischerdorf an der Ostsee. Dort genießt man die Sommerfrische. Die Generalin von Palikow mit ihrer Freundin, ihrer Tochter der Baronin von Buttlär und deren Familie. Die Adelsfamilie beobachtet und übt zuweilen Kritik an der ebenso an diesem Badeort verweilenden Doralice. Diese hatte sich von ihrem standesgemäßen Gatten, dem Grafen Köhne-Jasky getrennt und sich dem bürgerlichen Maler und Freidenker Hans Grill zugewandt. Zu dieser Zeit, das dürfte Ende des 19. Anfang 20. Jahrhundert gewesen sein, selbstredend ein Skandal. Nun, die Adelsfamilie vermag nichts mit dem Paar zu tun haben.
Die Töchter der Baronin, Nini und Lolo sind verzaubert von Doralices Schönheit und suchen immer wieder den Kontakt zu dieser mutigen Frau, die sich ein neues Lebenskonzept erkämpft hat. Doch so einfach ist das Leben von Doralice nicht, denn sie hat ihren Platz in ihrer neu gewählten Gesellschaft noch nicht gefunden. Auch fühlt sie sich von ihrem freigeistigen Mann Hans manchmal unverstanden. Der ebenso in diesem Fischerdorf verweilende Geheimrat Knospelius gelingt es die Generalin samt Familie und Duralice mit Hans zu seinem Geburtstagsfest zu vereinen. Eine nicht standesgemäße Annäherung. Man zeigt sich bemüht und der Geheimrat fungiert als charmanter Gesellschafter. Überschattet wird das kleine Fest von Hilmar, dem Verlobten von Lolo. Dieser erdreistet sich Doralice einen leidenschaftlichen Antrag zu machen, den sie zurückweist. Lolo versucht sich im Meer das Leben zu nehmen, doch ein anderer verliert dort sein Leben.
>Wellen< ist ein polyfunktionaler, subtiler Roman. Er beinhaltet die Geschichte eines auf die erste Sicht idyllischen Badesommers an der Ostsee. Jedoch bei näherem Hinsehen offenbart sich ein Füllhorn von Standesdünkeln, das damalige Frauenbild in ihrer eingeschränkten Freiheit, die Liebe und ihre Tücken bis hin zur Tragödie. Und dieses vielfältige Werk hat Eduard von Keyserling in einen leichten, poetischen Stil verfasst gleich einem Wellengang. Und nun kommt der im meist Hintergrund verharrendeTitelheld ins Spiel. Wellen, Symbol der Unendlichkeit und Freiheit, ständig wechselnde Beschaffenheit, Größe, Kraft, Intensität. Metapher für das Leben mit all seinen Regungen und Erneuerungen. Ein großartiger Klassiker! Ein gerne gelesen Buch!
Das Cover zeigt eine schwarz-weiß Aufnahme eines Strandes. Zu sehen kleine Kutter am Wasser und Strandkörbe teilweise mit Menschen gefüllt. Der Schutzumschlag ist in ockerfarben gehalten. Titel, Autorenname und Verlag in weißer Schrift.
- Wellen
- Eduard von Keyserling (1855-1918)
- Roman
- Süddeutsche Zeitung Bibliothek
- 144 Seiten
- Der Roman ist erstmals erschienen 1911
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