Die Tage erst ist die irische Schriftstellerin Claire Keegan mit dem hochdotierten Siegfried Lenz Preis ausgezeichnet worden. >Reichlich spät < ist nun mein drittes Buch, welches ich von ihr las. Buch? Naja, in Bookstagram-Kreisen werden so schlanke Bücher als >Snack – Bücher < betitelt. Claire Keegans Bücher mit plus minus 100 Seiten sind alles andere als ein Snack. Denn diese Autorin vermag es auf wenigen Seiten eine Story zu präsentieren, die zwar kurz und prägnant ist, doch diese Geschichten werden in der Erinnerung fixiert. Da erblasst wohl manch vollschlanke Ausgabe anderer Autoren: innen.
Doch nun zum Inhalt. Dublin, nach einem eintönigen Arbeitstag fährt Cathal mit dem Bus nach Hause. Und während die Landschaft an ihm vorbeizieht, kreisen seine Gedanken an Sabine. Diese zierliche Frau mit den grünen Augen und leichtem Silberblick. Die sehr gut kochen konnte, doch seines Erachtens zu viel Geld ausgab. Sabine, die Frau die er heiraten wollte. Sabine, die in seinem Leben mehr Platz einnehmen versuchte und bei Entscheidungen ein Mitreden anvisierte.
Mit jeder Stunde, die verstrich, schien sie ihm ein bisschen mehr zu verzeihen, schien weicher zu werden, und nun, da sie die Hürde des ersten Streits genommen hatten, wurde die Zeit zwischen ihnen wieder süß, vielleicht ein wenig süßer, als sie jemals gewesen war.
Seite 29
>Reichlich spät< ist die Geschichte eines gescheiterten Paares aus der Sicht von Cathal. Er kann sich nicht erklären, wieso Sabine ihn verlassen hat. Dabei hatte Sabine ihn auf die Misogynie unter irischen Männern hingewiesen.
Kunstvoll verwebt Claire Keegan mit nur wenigen Worten eine Erzählung, die durch ihre Intensität und absoluter Klarheit besticht. Wärmste Leseempfehlung!
Auf dem Cover ein Zwillings-Kirschen-Paar auf hellgrauem Leinengrund.
- Reichlich spät
- Claire Keegan
- Erzählung
- Steidl Verlag
- ISBN: 9783969993255
- Erschienen im März 2024
- Übersetzt von Hans-Christian Oeser
Schreibe einen Kommentar