Press ESC to close

Nach den Fähren ~ Thea Mengeler

Wem gehörte die Insel, fragt Ada vor dem Zubettgehen, wem gehört sie jetzt? Er blickte sie an, ohne zu begreifen. Uns sagte er, natürlich uns. Wir waren hier, nicht nur in den Sommern, sondern auch in den kurzen kalten Wintern. Wir waren die, die blieben. Wir bleiben noch.

Seite 46

Eine vormals beliebte Urlaubsinsel im Irgendwo, es reisen plötzlich aus unerklärlichem Grund keine Fähren mehr an. Die Touristen bleiben aus. Das Leben stagniert und viele Bewohner verlassen die Insel. Einige wenige Menschen bleiben und setzen ihr Leben hoffend weiter. Hoffend, dass die Fähren zurückkommen und mit ihnen die Touristen, die die wirtschaftlichen Lage der Insel bestimmen.

Der Hausmeister des Sommerplastes, eines vormals ersten Hotels am Platze, verbringt seine Tage mit der akribischen Instanthaltung. Zimmer für Zimmer, Tag für Tag verrichtet er stoisch immer die gleichen Arbeiten. Dann, wie aus heiterem Himmel steht Ada vor ihm. Ein Mädchen, das die Nähe des Hausmeisters sucht. Was ihn aus seiner Lethargie lockt. Ada fragt den Hausmeister wie es denn früher war. Mit diesen Fragen bringt das Mädchen einen Umbruch in Gang der sich spürbar auf die restlichen Bewohner der Insel bemerkbar macht. Doch dann ist Ada so plötzlich wie sie erschienen ist auch wieder verschwunden. Der Hausmeister sucht nach ihr. Und mit seinem Nachfragen bei den anderen Bewohnern, bröckelt dies Schockstarre, in der sie nach dem Wegbleiben der Fähren gefallen waren. Distanzierte Kontakte weichen dem Interesse zueinander. Spürbar wird das zarte Band der Verbundenheit geknüpft.

Thea Mengelers Roman schildert die Rückeroberung des eigenen Lebensraumes. Durch das Fernbleiben der Fähren, die beim Anlegen einen Pulk von Touristen ausspien, blieben die natürlichen Standards dann ebenfalls fern.

Der Kaffee geht als erstes zur Neige, der richtige. Er war mit den Fähren gekommen in den großen Säcken, und es dauert eine Weile, bis sie das Getreide zu rösten lernen, dass es ein Ersatz ist. Sie gewöhnen sich an den Geschmack mit der Zeit, doch was bleibt, ist das Bewusstsein eines Mangels.

Seite 11

Auf der vormals vom Massentourismus überrollten Insel, ist es nun still. Das laute und hektische Leben ist vorbei, doch mit ihm verschwindet auch die Zukunft und hinterfragt die eigene Existenz.

Was ich unter anderem sehr interessant fand, war zum einen das Mädchen Ada. Ada ist aus dem türkischen und bedeutet Insel. Und zum anderen wird ab und an der Pfau der Insel erwähnt. Ein Pfau ist das Symbol der Unsterblichkeit, ein Symbol der Erneuerung, der Ewigkeit. Thea Mengeler hat dies feinfühlig in ihren Roman eingebunden, das verleiht Tiefe. Überhaupt sind diese Gegensätze spürbar. Lauter, tubulenter Tourismus konträr zur entschleunigten Stille. Verharren in der Isolation. Erinnerungen und Gegenwart. Die Stimmung des Buches fand ich sehr bezeichnend. Ruhe.

Ein nachdenkliches Buch in einer sanften, poetischen Erzählweise.

  • Nach den Fähren
  • Thea Mengeler
  • Roman
  • Wallstein Verlag
  • ISBN: 9783835355859
  • 172 Seiten
  • Erschienen am 28.02.2024

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit exceeded. Please complete the captcha once again.