Die Bücher von Virginia Woolf begleiten mich schon lange Zeit. Ihr komplexes, atmosphärisches Sprachbild ist für mich unvergleichlich. „Lunatics” von Christiane Henke über die lange Verbindung von Virginia Woolf und Lytton Strachey hat mich sofort angesprochen. Und gleich vorweg: Dies Buch hätte ich so gerne noch länger gelesen. Es ist von einer unglaublich einnehmenden, stimmungsvollen Dichte. Prädikat wertvoll! Doch zum Inhalt:
Cambridge im Jahre 1902. Die junge Virginia Stephen und ihre Schwester Vanessa lernen bei ihrem Bruder Thoby seine illustren Studienfreunde kennen. Unter ihnen befindet sich Lytton Strachey. Dies ist eine Begegnung, die sich schicksalhaft durch das Leben von Virginia zieht. Die beiden Menschen verbindet eine Seelenverwandtschaft, die durch nichts zu trennen scheint. Beide stehen später im Mittelpunkt der Londoner Bloomsbury Group. Diese Gruppe macht mit bahnbrechenden Werken und erotischen Verwicklungen von sich reden.
Verrückt…Ja, das ist so ein Wort – eines ihrer vielen Worte, mit denen sie versuchen das Leben in eine Käfig zu sperren. Aber was bedeutet es? Verrückt kann auch heißen, sich im Zustand der Liebe zu befinden, oder nicht? Was könnte in den Augen der Welt verrückter sein als die Liebe?
Lytton macht, obwohl er Männern zugetan ist, Virginia einen Heiratsantrag. Und Virginia, sich dessen bewusst, möchte diesen Antrag gerne annehmen. Doch Lytton zieht seinen Antrag zurück. Das wirft Virginia in eine Krise, von deren weitere folgen werden. Lytton insitiert bei Virginia für seinen Freund Leonard Woolf. Trotz aller Bedenken und mangelnder Liebe zu Woolf willigt Virginia in diese Ehe ein. Ihren Wunsch eine Familie zu gründen, lehnt Woolf ab. Dies trägt zu einer Verschärfung ihrer angeschlagenen Gemütslage bei. Doch Virginia findet ihre Kraft und ihren Lebenswillen in den Werken, die sie verfasst, und in ihrer tiefen Verbundenheit zu Lytton. Sie beiden stehen im fortwährenden brieflichen Kontakt. Immer wieder wird Virginia von ihrem Kinderwunsch gebeutelt.
Mit Woolf gründet sie einen Verlag. Mittlerweile hat sie sich als erfolgreiche Schriftstellerin etabliert.
Ich könnte noch endlos plaudern über diesen Roman. Ich könnte über die wundervollen Impulse zum Entstehen von Virginia Woolf-Büchern erzählen, oder aber auch von Woolfs ungebrochener Fürsorglichkeit mit einer gewissen Tendenz zur Übergriffigkeit. Dann wären da ja auch noch die inspirierenden Treffen der legendären Bloomsbury Group über sehr viele Jahre. Oder die Freundschaft mit der Komponistin und Frauenrechtlerin Ethel Smyth. Und immer wieder Lytton Strachey.
„Lunatics” ist für mich einer der besten Schmöker, und den Begriff sehe ich im absolut postivsten Sinne, welchen ich gelesen habe. Meinen Eingangsworten ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Dieses Buch hat mich erstklassig unterhalten. Der Stil von Christiane Henke vermag es zu fesseln und weckt immenses Interesse, Virginia Woolf ein Stück des Weges zu begeleiten. Große Leseempfehlung!
Das Cover zeigt die Fotografie „Margate Sands” von John Cimon Warburg aus dem Jahre 1910. Es zeigt ein Paar an einem Strand. Sie ihm blauen Rock und Hut, die Bluse weiß. Er in einem brauen Anzug mit weißem Hemd. Im Hintergrund ein Felsen und im Vordergrund ein Hund. Name der Autorin und Titel in weißen, Untertitel und Verlagsname in türkiser Farbe.
- Lunatics
- Virginia Woolf & Lytton Strachey
- Christiane Henke
- Roman
- ebersbach&simon
- ISBN: 9783869153049
- 330 Seiten
- Erschienen im August 2024
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