Kenn ihr das, wenn man in den literarischen Sog eines Autors* gezogen wird und ein Buch nach dem anderen liest? So erging es mir mit Colum McCann. Was für ein grandioser Geschichtenerzähler. In seinen Romanen spiegeln sich die facetttenreichsten Emotionen, fabelhaft!
Im Jahr 1974 sind die Menschen in New York müde von Richard Nixon und dem Vietnamkrieg. Sie haben auch so schon Probleme genug in einer Stadt des ewigen Überlebenskampfes. Am Morgen eines schönen Augustsommertags starren die Passanten in Lower Manhattan daher ungläubig zu den Twin Towers hinauf. Fast einen halben Kilometer über ihnen läuft, springt und tanzt ein Hochseilartist – ein schwebender Moment von absoluter Freiheit und künstlerischem Triumph. Doch unten in den Straßen geht das Leben weiter, für die Armen und die Reichen, die Sorglosen und die Unglücklichen. – so der Klappentext
Am 7. August 1974 spazierte ein gewisser Philippe Petit über die Seile in über 300 Metern Höhe. Dies ist in Wirklichkeit so geschehen. Colum McCann erzählt von der Welt, die sich am Boden von New York abspielt. Der junge Ire Corrigan lebt in verwahrlosten Verhältnissen, doch dies tangiert den jungen Mann nicht. Er sieht seine Aufgabe anderen Menschen zu helfen. Er gibt was er hat, und bietet den Prostituierten die vor seinem Haus ihrer Tätigkeit nachgehen gerne sein Badezimmer an, um sich immer wieder frisch zu machen. Corrigan ist selbstlos und ein Missionar der Liebe. Immer wieder wird er ausgenutzt und ausgeraubt, doch das kann ihm nichts anhaben. Bis zu dem Tag als er in schwere Gewissenkonflikte gerät da er sich in eine Frau verliebt. Corrigans Bruder Ciaran erzählt diese Geschichte.
So wie auch die Prostituierte Tillie ihre Lebensgeschichte und die ihrer Tochter Jazzlyn ausplaudert.
Oder der Drahtseilakrobat, der gewohnt ist in spartanischen Verhältnissen zu leben und in Harmonie mit der Natur und seiner Körperbeherrschung lebt.
>Am schönsten war es, wenn er ohne Balancierstange über das Seil rannte – es war die reinste Körperharmonie, die er erlangen konnte.> – Seite 251
Und die fünf Frauen die sich durch eine Zeitungsanzeige zusammengefunden haben. Alle fünf verloren ihre Söhne im Vietnam – Krieg.
Mich hat dieser Roman absolut begeistert. Colum McCann schreibt atmosphärisch und unglaublich fesselnd. Seine Protagonisten* befinden sich auf dem Strich, in teuren Wohnungen, im Altenpflegeheim, im Gerichtssaal, im Gefängnis und auf Drogen-Partys. Ein prall gefülltes Potpourri verschiedenster Existenzen. Fantastisch!
Das Cover zeigt eine Illustration eines Seilkünstlers auf einer Kugel.
- Die große Welt
- Colum McCann
- Roman
- Rowohlt Verlag
- ISBN: 9783499248474
- Erschienen 2009
- Übersetzt von Dirk van Gunsteren
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