
Françoise Sagan – dieser Name weckt Assoziationen an einen Schatten aus Rauch und Champagner, ein Versprechen von Freiheit, gelebt auf der Überholspur. Sagan schuf bereits im Alter von 18 Jahren ihr literarisches Meisterwerk „Bonjour Tristesse“, das 1954 eine kulturelle Erschütterung darstellte, während andere junge Menschen noch zwischen Schule und ersten Lebensentscheidungen schwankten. Sie fand sich plötzlich im Rampenlicht einer Öffentlichkeit wieder, die sich an ihrem Äußeren und ihrer Sprache berauschte. Sie wurde zur Projektionsfläche: die ewige Kindfrau, das geheimnisvolle Wesen, das zwischen schnellen Autos, Nikotin und Cognac scheinbar schwerelos durchs Leben raste.
Das Lebenswerk Sagans ist eng verknüpft mit dem Mythos der radikalen Freiheit. In den gesellschaftlichen Umwälzungen ihrer Epoche fand ihr literarisches und existenzielles Streben nach Unabhängigkeit einen vielschichtigen Resonanzraum. Als Frau, Künstlerin und öffentliche Figur suchte sie inmitten des Kalten Kriegs und zwischen zwei Wellen der Frauenbewegung nach einem Platz, der nicht durch Konventionen oder Erwartungen definiert war.
Das Buch Bonjour Liberté von Julia Korbik nimmt diese Suche auf: Es ist nicht nur eine Hommage an die Autorin, sondern auch ein poetisches Zeugnis über das Risiko, das eigene Leben zu gestalten. Indem Zeitgeschichte und individuelle Geschichte miteinander verknüpft werden, wird evident, wie radikal Sagans Freiheitsanspruch zu ihrer Zeit war – und dass er bis in die Gegenwart nachhallt. Die Protagonistin verkörpert all diejenigen, die den Courage besitzen, sich gegen den Strom zu bewegen und ihre Weiblichkeit nicht als Einschränkung, sondern als Chance zu verstehen.
Françoise Sagan demonstrierte, was es heißt, auf die eigene Freiheit zu bestehen – sei es als Künstlerin, als Frau oder auch als verletzlicher Mensch. Sie war ein Symbol für eine Lebensweise, die durch Risikofreude, Eleganz im Scheitern und einen unaufhörlichen Streben nach Authentizität gekennzeichnet war. Doch dieses Vorausgehen und Sich-nicht-Fügen forderte auch seinen Preis: Skandale, Abstürze und ein Leben am Rande der gesellschaftlichen Normen. Sie verfasste neben ihren Romanen auch zahlreiche Songtexte, hatte viele Freunde und wechselnde Partner. 1955 reiste sie in die USA, wo sie neben Edith Piaf und Chanel No5 als der größte französische Exportschlager gehandelt wurde. Dort traf sie unter anderemTennessee Williams, Carson McCullers und Billie Holiday.
Auch mehr als 50 Jahre nach ihrem Debüt in der Literaturwelt bleibt Françoise Sagan ein Sinnbild für das Streben nach Selbstbestimmung. Bonjour Liberté weist darauf hin, dass es Mut erfordert, der eigenen Freiheit Platz zu geben, und dass dieses Bestreben, insbesondere für Frauen, eine politische ebenso wie eine persönliche Dimension umfasst. In der Verknüpfung von Leben und Schaffen, Zeitgeschichte und individuellem Aufbruch strahlt Sagans Mythos als Einladung zu einem freien, furchtlosen Leben weiter. Julia Korbik hat eine Teilbiografie initiiert, die mit kurzweiligem Schwung und interessanten Fakten aufwartet. Leseempfehlung!
Das Cover zeigt ein schwarz-weißes Profilbild von Françoise Sagan inmitten verschiedener farbenfroher Ornamente auf rosafarbenem Hintergrund.
- Bonjour Liberté
- Françoise Sagan und der Aufbruch in die Freiheit
- Julia Korbik
- Teilbiografie
- Hanser Berlin
- ISBN: 9783446269446
- 301 Seiten
- Erschienen 2021
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