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Augustblau ~ Deborah Levy

Ein Titel perfekt zum jetzigen Monat. Die Handlung, geheimnisvoll komponiert.

Die berühmte Konzertpianistin Elsa M. Anderson, verkorkst bei einem Konzert in Wien Rachmaninows “Piano Concerto Nr. 2”. Das vierunddreißigjährige Wunderkind verlässt die Bühne und taucht erst einmal unter, inmitten der Coronapandemie. Mit sechs Jahren kam sie in die Obhut des Klaviervirtuosen Arthur Goldstein. Er lenkte all ihre Schritte und förderte ihre Begabung.

Nach dem künstlerischen Fauxpas versinkt Elsa in ein bisher unbekanntes Leben. Sie reist durch Europa und gibt exklusive Klavierstunden. Sie färbt sich die Haare blau und begegnet in Athen einer mysteriösen Frau, die zwei mechanische Tanzpferde kauft. Elsa hält sie für ihre Doppelgängerin. Diese Frau streift immer wieder Elsas Wege, egal wo Elsa sich gerade aufhält. Und in dieser Zeit des Abtauchens und der Distanz dringen Elsas Gedanken um ihre eigentliche Herkunft. Bevor sich Arthur Goldstein sich ihrer annahm, lebte sie bei Pflegeeltern. Wer war ihre leibliche Mutter?

Elsa versucht ihre Eigenständigkeit zu leben, die sie bis zu jenem Konzert in Wien, nicht kannte. Sie ist ihrem geschützten Bereich entflohen und macht ungewöhnliche und spannende Erfahrungen. Und immer wieder kommt es zu Begegnungen mit ihrer Doppelgängerin.

Für mich ist der Kern dieses Romans, abgeleitet von den blauen Haaren Elsas. Eine Metapher für Depression. Laut der Farbtherapie wirkt die Farbe Blau harmonisierend bei Depressionen, Stress oder Schmerzen. Und diese ominösen Tanzpferde, die durch die Geschichte begleiten stehen für Mut, Stärke, Frohsinn und Unabhängigkeit. All das, was Elsa die Jahre über verwehrt war. Clever durchdacht.

Der Mond und die Sterne leuchten hell. Ich ließ die Sterne in meinen Körper ein und merkte, dass ich porös geworden war. Mein ganzes Ich war im Begriff, sich aufzulösen. Ich führte ein gefährliches Leben in meinem eigenen Körper; was bedeutete, ich war nicht in das Leben gefallen, das meines war oder meines werden sollte. Ich wollte eine neue Komposition für mich.

Deborah Levy erzählt diese Geschichte wie ein Konzert aus surrealen Melodien. Sie lässt Gedanken und Emotionen ineinanderfließen, doch sie auch abrupt auseinanderdriften. Lyrische Traumwelten verbinden sich zu einem unvergesslichen Gastspiel. Applaus!

Das Cover zeigt ein stehendes Pferd auf einem offenen Transporter. Alles ist in blau Tönen gehalten. Der Name der Autorin ist in schwarz, der Titel und der Verlag sind in silberner Farbe.

  • Augustblau
  • Deborah Levy
  • Roman
  • Aki Verlag
  • ISBN: 9783311350156
  • 169 Seiten
  • Erschienen 2023
  • Übersetzt von Claudia Steinitz

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