Literatur - Lyrik - Prosa

Monat: Januar 2018

Britta Bolt – Das Büro der einsamen Toten

 

Inhaltsangabe:

Pieter Posthumus kümmert sich, in Amsterdam, um die vergessenen Toten – Menschen ohne Angehörige, Menschen die keiner vermisst. Er ist bestrebt, diesen Verstorbenen, eine wertschätzende und würdige Verabschiedung zu ermöglichen. Dazu ermittelt er nach Hintergründen, geradezu wie die Polizei, die sich parallel um einen vermeintlichen Unfall eines Emigranten zu kümmern hat.

Für ein Debütroman ist ” Das Büro der einsamen Toten” durchaus gelungen. Für ortskundige Amsterdamliebhaber/innen eine wahre Freude.

Britta Bolt ist das Pseudonym des Autorenduos Britta Böhler und Rodney Bolt. Rodney Bolt, in Südafrika geboren, ist Autor mehrerer Biographien, Dramatiker und Reisejournalist. Nach Stationen in Cambridge und London lebt er seit den 90er Jahren in Amsterdam. Britta Böhler, in Freiburg im Breisgau geboren, hat viele Jahre als Anwältin gearbeitet. 1991 zog sie in die Niederlande und wurde dort berühmt durch ihre strafrechtlichen Mandate und ihre Haltung zur Anti-Terror-Gesetzgebung. Seit 2012 ist sie Professorin an der Universität von Amsterdam.

 

Leseprobe:

Pieter Posthumus hatte einen schweren Tag. Drei Leichen vor dem Mittagessen waren mehr als genug. Mehr als sonst in der Woche. Normaler Weise. Und jetzt auch noch dieser besserwisserische Grünschnabel von der Polizei, der meinte, er müsse einen lahmen Scherz über Posthumus`Nachnamen und seinen Beruf durchs Telefon flöten. Posthumus reagierte nicht darauf, verabschiedete sich kurz angebunden und legte auf.

Das Amt für Katastrophenschutz und Bestattungen war eine seltsame Behörde innerhalb der Amsterdamer Stadtverwaltung ” Leichen und andere Katastrophen ” wurde es genannt. Und Posthumus war dort in einem besonderen obskuren Bereich tätig – im Bestattungsteam, von den Amsterdamern        ” Büro der einsamen Toten ” getauft.

Julian Barnes – Unbefugtes Betreten

Inhaltsangabe:

Liebe, Tod, Trennung, Verlust und Trauer. Julian Barnes verbindet hier einige Episoden zu einem großen Plot. Viele Lebensgeschichten sind in diesem Buch furios mit einander verwoben. Julian Barnes  lässt seine Leserschaft wieder einmal an seiner virtuosen Erzählkunst teilhaben.Durch die einzelnen Episoden wirkt das Buch sehr kurzweilig. Das mag wohl auch an den rasanten Passagen liegen, die uns hier offenbart werden.

Leseprobe:

An dem Tag war die Sonne herausgekommen, warf schräge, niedrige Strahlen
auf das Meer und stach ihm in die Augen. Ende März wurde es sogar an diesem
Teil der Küste ein bisschen Frühling.
»Wie wär’s jetzt mit einer Runde Schwimmen?«, fragte er, als sie die Rechnung brachte.
»Oh nein. Kein Schwimmen.«
»Ich vermute mal, Sie kommen aus Polen.«
»Ich heiße Andrea«, antwortete sie.
»Nicht, dass ich was dagegen habe, wenn Sie aus Polen kommen.«
»Ich habe auch nicht.«
Das Problem war, dass er noch nie gut flirten konnte, nie ganz das Richtige sagte.
Und seit der Scheidung konnte er es womöglich noch schlechter, weil er nicht mit dem
Herzen dabei war. Wo war denn sein Herz? Eine Frage fürspäter. Thema heute:
Flirten.
Er kannte ihn nur allzu gut,diesen Blick der Frauen, wenn man es nicht richtig hin-
kriegte. Wo kommt der denn her, sagte dieser Blick. Na ja,zum Flirten gehörten immer zwei.
Und vielleicht wurdeer langsam zu alt dafür. Siebenunddreißig, Vater zweier
Kinder, Gary (8) und Melanie (5). So würde es in den Zeitungen stehen,
wenn er eines Morgens an der Küste angeschwemmt würde.
»Ich bin Immobilienmakler«, sagte er. Das war noch soein Spruch, der einem Flirt oft im Wege stand.
»Was ist das?«
»Ich verkaufe Häuser. Und Wohnungen. Wir vermietenauch. Zimmer, Wohnungen, Häuser.«
»Ist das interessant?«
»Man kann davon leben.«
»Wir alle müssen leben.«
Plötzlich dachte er: Nein, du kannst auch nicht flirten.
Vielleicht kannst du es in deiner eigenen Sprache, aber aufEnglisch kannst du es nicht,
also sind wir quitt. Außerdem dachte er: Sie macht einen robusten Eindruck. Vielleicht
brauche ich jemanden, der robust ist. Soweit ich das beurteilen kann, könnte sie in
meinem Alter sein. Nicht, dass ihn das groß kümmerte.
Er wollte ja nicht mit ihr ausgehen.

 

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