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Woher wir kommen ~ Barbara Frischmuth

Erst vor Kurzem habe ich durch Nicole Seiferts Buch „Einige Herren sagten etwas dazu” – Die Autorinnen der Gruppe 47 – von der Schriftstellerin Barbara Frischmuth erfahren. Ich wollte nun einen der zahlreichen Romane von Barbara Frischmuth lesen und entschied mich für „Woher wir kommen“ aus dem Jahr 2012.

Im Mittelpunkt stehen drei Frauen aus verschiedenen Generationen derselben Familie. Die junge Malerin Ada trauert um ihren Freund, der sich das Leben genommen hat. Ada hat ihren festen Platz im Leben noch nicht gefunden. Sie lebt bei ihrer Mutter Martha in deren Seerestaurant. Unverhofft steht eines Tages ihr früherer Schulfreund Jonas vor ihr. Dieser hatte eine Amerikanerin geheiratet und die heimischen Gefilde verlassen. Nun ist er zurück und hat seine drei Kinder dabei. Er hält sich bedeckt über seine Frau. Ada schlittert rein in die kleine Familie und geht dem sichtlich überforderten Vater gerne zur Hand. Mit der Zeit finden die Kinder Vertrauen zu Ada und auch Jonas ist ihr immer mehr zugetan.

Auch Martha hat einen erheblichen Verlust erfahren. Ihr Ehemann Robin verschwand mit seinem kurdischen Freund Vedat im Ararat-Gebirge ohne jede Spur. So kam sie mit ihren Kindern Ada und Olli nach Deutschland zurück und half ihrer Tante Lilofee im Seerestaurant. Jedes Jahr trifft Martha in der Türkei Vedats Frau Lale. Gemeinsam schwelgen die beiden Frauen in ihren Erinnerungen.

Lilofee, sie war damals noch ein junges Mädchen, als sie einen Kriegsgefangenen versteckte. Allerdings musste sie mit ansehen, wie ihre Liebe verraten und verschleppt wurde. Ihr Schmerz sitzt tief, aber sie rächte sich.

Das ist der zentrale Kern dieses Familienromans. Barbara Frischmuth hat jedoch eine Vielzahl von dramaturgischen Kniffen eingewoben. Zum einen werden wichtige Details zur Vita von Martha, Lilofee und Ada von zwei anonymen Frauen in deren Gespräch immer weiter gelüftet. Das hat mir gut gefallen. Außerdem spielt hier auch die Geschichte eine Rolle. Wie die Widerstandsgruppe im Zweiten Weltkrieg im Salzkammergut – von Kunstschätzen, die in einem Bergwerk verborgen waren und gesprengt werden sollten.

„Woher wir kommen“ behandelt jedoch ein zentrales Thema: Wie gelingt es einer Frau, nach einem so großen Verlust – dem Verlust des geliebten Partners – weiterzuleben und sich auf eine neue Liebe einzulassen? Und bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass dieses Trauma generationenübergreifend wirkt. Dabei stellt sich die spannende Frage: Wird es Ada gelingen, diese Reihe zu durchbrechen?

Ich betrachte den sprachlichen Stil von Barbara Frischmuth als gehobene, unkomplizierte Prosa. Ohne Kennzeichnung sind die Dialoge im Fließtext integriert. Was mich nicht störte. Die Figuren wurden mit Liebe zum Detail ausgearbeitet. Das gefiel mir. In der Summe war dieser Roman für mich interessant und kurzeilig. Persönlich betrachtet, hatten einige Textstellen meiner Ansicht nach zu viele Längen – allerdings ist dies ein Punkt der individuellen Perspektive. Daher eine große Leseempfehlung!

Das Cover zeigt eine Uferpromenade mit Tischen, Stühlen und Laternen.

  • Woher wir kommen
  • Barbara Frischmuth
  • Roman
  • Aufbau Verlag
  • ISBN: 9783351035082
  • 366 Seiten
  • Erschienen 2012

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