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Rost ~ Jakub Malecki

Der Roman beginnt mit dem kleinen Szymek, der nach dem Tod seiner Eltern auf den Hof seiner Großmutter Tosia kommt. Ihr Alltag scheint von einer unkomplizierten Einfachheit und von den Traditionen und Bräuchen der ländlichen Gemeinschaft geprägt. Doch hinter dieser schlichten Fassade verbergen sich Geschichten, die von Tragödien und unausgesprochenen Geheimnissen gefüllt sind.

Auf seiner Suche nach der eigenen Identität ringt Szymek mit seiner Trauer und mit der Belastung durch die Familiengeschichte. Er muss sich, während er versucht, die Wahrheit über seine Eltern und deren Schicksal zu erfahren, auch mit seinen eigenen inneren Konflikten auseinandersetzen.

„Es kam auch vor, dass er keine Kraft mehr hatte und sich fühlte, als gäbe es ihn gar nicht mehr: Er saß vor dem Haus oder in seinem Zimmer, das eigentlich gar nicht sein Zimmer war, denn sein Zimmer war zusammen mit seinen Eltern und allem anderen verschwunden; er saß also in seinem-nicht-seinem-Zimmer im Haus der Großmutter, starrte zum Fenster hinaus oder auf den Teppich oder einfach vor sich hin und verschwand; doch bald begriff er, dass er für längere Zeit so nicht verschwinden konnte.”

Durch die Erzählung, die zwischen unterschiedlichen zeitlichen Ebenen und Perspektiven wechselt, erhält der Roman eine besondere Dynamik. Auch Tosias Lebensweg wird neben Szymeks zum Thema, vor allem ihre Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg und die Entscheidungen, die sie nachhaltig prägten. Hier geht es ebenso um die Pogrome im Städtchen Chojny, um die Zwangsumsiedlung und um Selbstmorde. Die Rückblicke verdeutlichen den Einfluss der Vergangenheit auf die Gegenwart und die Schwierigkeit, sich von den Schatten der Geschichte zu befreien.

Małecki gelingt es, universelle Themen wie die Zerbrechlichkeit menschlicher Beziehungen und die Folgen von Traumata durch berührende Bilder und poetische Sprache darzustellen. Das Weitervermitteln von Erinnerungen, sowohl an erfreuliche als auch an leidvolle Ereignisse, gehört zu den zentralen Motiven des Romans. Dies wird besonders in der Beziehung zwischen Szymek und Tosia deutlich, deren Dialoge oft unausgesprochene Wahrheiten und emotionale Tiefe enthalten.

„Sie setzten sich auf die Treppe, Großmutter auf der Seite des Geländers, er an die Wand, und redeten lange. Er sagte ihr, er wolle das nicht mehr so, sie sollten zurückkommen, bitte, er werde auch brav sein.”

Ebenso stellt die Natur ein besonderes Motiv dar. Die Umgebung des Dorfes beschreibt Małecki präzise. Die Felder und Wälder spiegeln die innere Welt der Figuren wider und verstärken die melancholische Grundstimmung des Romans.

Jakub Małecki gelingt es, die Essenz des menschlichen Daseins in einer tiefgründigen und bewegenden Geschichte einzufangen. Der Roman lädt dazu ein, über die eigene Vergangenheit und die Spuren, die sie hinterlässt, nachzudenken. Die Erzählweise ist teilweise stakkatohaft und die zeitlichen Sprünge verlangen Aufmerksamkeit. Jedoch wird das Leseerlebnis dadurch nicht beeinträchtigt. Ausgesprochene Lesempfehlung!

Der Buchdeckel ist in einem intensiven Rostrot gehalten. Titel, Verfasser und Verlag sind in weißer Schrift dargestellt. Der Titel erscheint ebenfalls in Schwarz und in mehreren Fragmenten auf dem Cover.

  • Rost 
  • Jakub Malecki
  • Roman 
  • Secession Verlag
  • ISBN: 9783905951981
  • 295 Seiten
  • Übersetzt von Renate Schmidgall
  • Auf Deutsch erschienen 2019

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