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Mittagessen am Sonntag ~ José Luís Peixoto

Kurz vor seinem 90. Geburtstag erinnert sich der Geschäftsmann Rui Nabeiro an die zurückliegenden Stationen in seinem Leben. Rui wächst in bescheidenen Verhältnissen mit seinem älteren Bruder Antonio und seinen Schwestern Cremilde und Clarisse behütet auf. Der Vater, den Rui so oft vermisst, ist Chauffeur bei einem Doktor, dessen bedürftigen Sohn er ebenso betreut. Die Mutter erzieht ihre Kinder mit Bedacht und Herz. Für sie erledigt Rui diverse Besorgungen und führt die ihm aufgetragenen Aufgaben stets tadellos aus. Rui ist 16 Jahre, als sein Vater stirbt.

Doch das Leben hält für Rui noch einiges bereit. Er baut aus eigener Kraft ein Firmenimperium im Kaffeehandel auf und heiratet die Liebe seines Lebens Alice. Rui wird Vater, Großvater und Urgroßvater in seinem Leben.

Dieses fast 90-jährige Leben wurde auch geprägt von historischen Ereignissen, wie zum einen die portugisischen Kolonialkriege zwischen Portugal und den portugisischen Kolonien in Afrika zwischen 1961 und 1974. Dort betrieb Rui seinen Kaffeehandel und besuchte seine Händler des Öfteren, nicht immer ein ungefährliches Unterfangen. Dann die Nelkenrevulotion vom 15.April 1974. Als ein grundlegender politischer Umsturz, der die autoritäre Diktatur des seit 1933 bestehenden Salazar-Regimes beseitigte und den Weg zur Demokratie eröffnete. Bis hin zum Eintritt Portugals in die EU am 1. Januar 1986.

Bei all diesen historisch prägenden Ereignissen und seinem unermütlichen Aufbau seines Imperiums ist eines von ganz besonderer Wichtigkeit für Rui, seine Familie. Und Rui ist ein sehr guter, ein liebevoller Beobachter. Rui wechselt von der Gegenwart immer wieder in die Retrospektive. So berichtet er von einem Besuch eines Fußballspiels mit seinem Sohn, noch als Trainer. Der Sieg und die Niederlage so eng beeinander. Rui entgeht nichts, er achtet auf jedes Detail.

Doch sein Hauptaugenmerk gebürt seiner Ehefrau Alice. Wenn er sie beschreibt, vermischen sich Liebe, Vertrauen, Wertschätzung zu einem zärtlichen Gebilde. Die Frau an seiner Seite, in allen Gezeiten des Lebens.

Die Vergangenheit muss ständig beweisen, dass es sie gegeben hat. Was in Vergessenheit geraten und was nicht dagewesen, nimmt denselben Rang ein. Was geschehen ist, wandert umher, fragil, von nur einem Menschen getragen. Verschwindet er, verschwindet auch all das Geschehene, unwiderruflich. Es gibt keinen Weg, es zurückzuholen, es ist, als hätte es nie existiert.

Dieser Roman war ein Volltreffer! Schon die ersten Zeilen nahmen mich gefangen. Der sprachliche Stil ist gehoben, elegant. Dieses sprachliche Können ebbt niemals ab, es zieht sich geschmeidig durch die Seiten. Ich habe den Roman mit Ruis Augen gelesen. Dieser beherrschte, charismatische Mann, mit seiner detaillierten und atmosphärischen Beobachtungsgabe zog mich regelrecht in den Bann. Ein absolut wunderbares Buch! Lest es!

Eine der überraschendsten Offenbarungen der portugiesischen Literatur. José Saramago

Das Cover zeigt eine Balkontüre mit weißem Rahmen, umrandet in ockergelb. Die Brüstung des Balkons ist Schmiedeeisern/grau. Alles auf weißem Hintergrund. Jegliche Schriften in schwarz.

  • Mittagessen am Sonntag
  • José Luís Peixoto
  • Roman
  • Septime Verlag
  • ISBN: 9783991200444
  • 234 Seiten
  • Übersetzt von Ilse Dick
  • Erschienen 2024

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