Schweiz zu Beginn des 20.Jahrhunderts. Martha lebt mit ihren Eltern und Geschwistern mehr schlecht als recht auf einem Pacht-Hof. Als dann der Vater verstirbt, ist es der Mutter nicht möglich den Hof zu halten. Die Kinder kommen in andere Familien, sie werden verdingt. ( Verdingung bezeichnete die Fremdunterbringung von Kindern zur Versorgung und Erziehung in der neueren Schweizer Geschichte. Oft wurden die faktisch vollkommen rechtlosen Kinder in die Landwirtschaft vermittelt, wo sie als günstige Arbeitskraft ausgenutzt. – Quelle Wikipedia)
Martha ist acht Jahre alt, als sie auf den Hof der Bürgis kommt. Hier soll sie mitarbeiten und leben. Zuerst muss das Mädchen auf den ungestümen 14.-jährigen Severin aufpassen, ein Junge mit Behinderung. Mit ihm soll sie an die frische Luft. Doch Severin ist an einem Ledergeschirr festgemacht. Er ist wild und die kleine Martha restlos überfordert.
Trotz aller Strenge hat es Matha im Angesicht ihrer Lage nicht allzu schlecht getroffen. Sie bekommt nach anfänglichen Schwierigkeiten, genug zu essen, darf die Schule besuchen und trägt passable Kleidung. Martha zeigt sich als gute Schülerin, arbeitet später in einer Fabrik, lernt den Schuhmacher Jacob kennen und wird Mutter zweier Söhne.
Martha zeigt nie eine Schwäche und arbeitet hart. Martha ist hart. Als der Krieg in den Nachbarländern herrscht, wird auch in der neutralen Schweiz der Lebensunterhalt mühseliger. Doch Martha ist wie ein Fels in der Brandung. Diese ganzen Umstände prägen auch die Söhne von Martha. Sie wollen es in der Nachkriegszeit zu etwas bringen.
Lukas Hartmann hat die Geschichte seiner Großmutter zu einem Roman verfasst. Er hat die längst vergessenen Verdingkinder sichtbar gemacht. Das Verdingkind Martha prägte ihre nachfolgenden Generationen. Die Arbeit, der Wohlstand und das Ansehen waren stets das Wichtigste in Marthas Leben, für Gefühle war da kein Platz. Erst ihren Enkeln gelingt es diese generationsübergreifende eiserne Haltung, dieses Trauma, zu verändern.
Der Roman war flüssig zu lesen. Der Tonfall blieb spröde und die Figuren unnahbar. Die Lebensgeschichte Marthas war dennoch berührend und machte die Verdingkinder, die Kindersklaven, sichtbar. Eine Familiengeschichte vom Aufstieg aus der Armut in den Wohlstand mit all seinen psychischen und körperlichen Entbehrungen.
Das Cover zeigt das Gemälde von Leo Putz >Wintersonne< von 1913. Eine junge Frau mit braunen Haaren, steht mit verschränkten Armen vor einer Baumgruppe, auf einem Feld oder Grundstück. Farblich ist das Gemälde in grün, braun, blau und weißen Tönen gehalten.
- Martha und die Ihren
- Lukas Hartmann
- Roman
- Diogenes Verlag
- ISBN: 9783257072730
- 295 Seiten
- Erschienen 2024
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