Schon die ersten zwei Sätze des Klappentextes haben es in sich: Diesen Sommer muss die Gegenwart ohne Zukunft auskommen. Die Welt ist erschöpft, die Natur hat genug vom Menschen.
Das klingt bedrohlich, doch keineswegs abwegig.
Es ist eine Welt geworden, in der Eltern ihre Kinder vergessen und die Hunde ihre Herren anfallen. Die Pflegekraft Aria und ihre Kollegin Marion retten fünfzehn Kinder. In einem klapprigen Bus geht die abenteuerliche Fahrt ans Meer. Doch Erleichterung ist für alle nicht in Sicht. Die Bewohner von Einstadt, einem Ort am Meer machen es ihnen noch zusätzlich schwerer, als es ohnehin schon ist. Diese Einstädter sind Cowboys, Schurken und Verlierer und die Frauen des Ortes spielen eine untergeordnete Rolle. Aria, Marion und die Kinder finden Unterschlupf in einem heruntergekommenen Badehotel.
Als Erstes schieben sie die Betten des Schlafsaals zusammen, damit jene Seite an Seite liegen können, die sich mögen. Und jene, die einen Freund brauchen, den Atem eines anderen Kindes. Es gibt ein grässliches Geräusch, als die Metallgestelle über den Boden schrammen. Das Haus seufzt.
Aria und Marion versuchen den Kindern deren vermeintlich letzten Wochen so würdevoll wie nur möglich zu gestalten. Sie sind ganz für sie da. Doch dann taucht wie aus dem Nichts ein einsames, verwahrlostes Pferd auf und Aria beansprucht es für sich. Das gefällt den Einstädtern und den Cowboys um Imre Brandt, der das Sagen hat, überhaupt nicht. Die Lage spitzt sich lebensgefährlich zu. Jedoch haben die Cowboys die Rechnung ohne Aria und die Frauen des Ortes gemacht. Es kommt zum Showdown.
Was für ein atemloser Ritt durch diesen Roman. Das war ein Western vom Feinsten! Und lasst euch von dem Wort Western nicht abschrecken, denn dies ist nur einer der Kunstgriffe von Stefanie vor Schulte. Die Story ist so ausgeklügelt konzipiert, dass ich während des Lesens aus dem schmunzeln und Kopfschütteln nicht mehr herausfand. Die wahren Draufgänger des Buches sind nicht die Cowboys, nein, es sind die Frauen, die ihren Mann stehen. Obwohl den Weltuntergang im Visier, kämpfen sie unerbittlich für ihre Rechte. Ein feministischer Western, fantastisch geschrieben!
Das Cover zeigt ein Foto einer Frau, die einen mit grasbewachsenem Hang am Meer hinaufgeht. Sie trägt langes dunkles Haar, eine rosafarbene Bluse und einen leuchtend roten, langen Rock. Der Name der Autorin, der Titel und der Verlagsname sind in schwarzer Schrift auf weißem Grund gehalten.
- Das dünne Pferd
- Stefanie vor Schulte
- Roman
- Diogenes Verlag
- ISBN: 9783257073133
- 242 Seiten
- Erschienen 2024
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