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Die Schwarzgeherin ~ Regina Denk

In einem abgelegenen Tal der Tiroler Alpen, wo das 19. Jahrhundert nur als fernes Gerücht ankommt, wächst Theres heran. Das karge Leben im Schatten steiler Felswände hat sie früh geformt: Entbehrung hat ihre Züge geschärft, Arbeit ihren Rücken gestählt, Schweigen ihren Blick vertieft. Sie ist achtzehn, hart geworden an einer Welt, die sie vergessen hat und gerade deshalb mutig, stolz und von einer stillen, unbeugsamen Kraft. Die Heirat mit Leopold, ihrem Freund und Vertrauten, steht ins Haus.

Als Xaver ins Tal kommt, trägt er das Fremde mit sich wie einen zweiten Mantel. Seine Gegenwart bringt Unruhe in die Ordnung der Bauern. Theres verliebt sich in ihn, gegen alle Vernunft, gegen das Misstrauen der anderen. Bald nennen sie ihn Wilderer, einen Gesetzlosen, und in einer Nacht, zerrissen von Donner und Regen, stellen sie ihm eine Falle. Xaver ist verschwunden, als hätte ihn der Berg selbst verschluckt.Theres bleibt zurück mit einer Wahrheit, die niemand hören will. Außer sich vor Schmerz und Trotz verkündet sie, dass sie Xavers Kind unter dem Herzen trägt. Dann wendet sie dem Dorf den Rücken und flieht hinauf in die Hochalpen, in eine Einsamkeit, die rau ist, aber ehrlich. Dort, wo der Wind keine Fragen stellt und die Berge nichts verurteilen, will sie ihre Tochter in Freiheit großziehen und von dem leben, was die Natur ihr gewährt. Hoch oben lebt Theres mit Maria, dem Kind ihrer Liebe, mit Blick hinab auf das Tal, das sie verstoßen hat. Die Heimat liegt ihr zu Füßen wie eine offene Wunde. Fern und doch unauflöslich mit ihr verbunden. Zwischen Fels und Himmel findet sie ein anderes Leben, eines voller Härte und Würde, getragen von der stillen Hoffnung, dass selbst aus Verbannung Freiheit wachsen kann.

Maria wächst in der Weite der Berge auf, genährt von der Freiheit, die für Theres Rettung und Lebenselixier zugleich ist. Doch was der Mutter Atem schenkt, wird der Tochter zur Enge. In der Stille der Hochalpen hört Maria vor allem das, was fehlt: Stimmen, Wege, ein Leben jenseits von Wind und Fels. Theres’ unbändiger Wille zur Selbstbestimmung, ihr Stolz auf das Alleinsein, bleibt Maria fremd wie ein geerbtes Kleid, das nicht passen will. Als Maris erwachsen ist, trifft sie eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen.

Regina Denk schreibt mit einer Wucht und Sinnlichkeit, die mich unmittelbar hineingezogen hat. Ihre Sprache brennt sich ein, jedes Bild sitzt, jede Szene atmet. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, nicht nur Worte vor mir zu haben, sondern Bilder, Bewegungen und Gesichter. Als würde sich ein Film in meinem Inneren entfalten. Landschaften und Seelenräume öffnen sich, Momente flammen auf, verharren und klingen lange nach. Diese Geschichte ist rau und wahrhaftig, voller emotionaler Tiefe und einer Intensität, die mich nicht losgelassen hat. Ein Buch, das bleibt – und eine Leseempfehlung aus tiefster Überzeugung.

Das Cover zeigt düstere Berg- und Waldlandschaft. Schwarz und Weiß legen sich wie Schweigen über Felsen und Baumkronen, die Konturen scharf, die Tiefen dunkel. Nebel hängt zwischen den Stämmen. Nichts wirkt freundlich, nichts lädt ein. Die Typografie zeigt sich in Orange und Weiß.

  • Die Schwarzgeherin
  • Regina Denk
  • Roman 
  • Droemer Verlag
  • ISBN: 978426447239
  • 414 Seiten 
  • Erschienen 2024

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