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Des Menschen Jahreszeit ~ Edward Lewis Wallant

Als ich erfuhr, dass der Wagenbach Verlag einen weiteren Roman von Edward Lewis Wallant herausgebracht hat, war ich angenehm überrascht. Nachdem mir „Mr. Moonbloom“ und „Der Pfandleiher“ sehr zugesagt hatten, wartete ich mit besonderer Neugier auf „Des Menschen Jahreszeit“.

Conneticut 1956. Der 59 jährige Klemptner Joe Berman verliert plötzlich seine Frau. Nun ist der Witwer allein in seinem Haus. Die unerträgliche Einsamkeit und die immense Wut auf Gott machen ihm das Leben schwer.

„…Und dann tust du mir das an…und dann noch dazu auf die schlimmste Art. Lässt mir keine Zeit, sie zu pflegen, bevor sie geht…ihr zu zeigen, wieviele Tränen ich um sie weine….Nein, nicht mal das, einfach bumm, wie ein Tier, das du niederknüppelst…wie ein Tier!” Und dann wurde seine Stimme leise und drohend in dem leeren Zimmer. „Mit dir bin ich fertig, hörst du, fertig.”

Seine zwei Töchter, die schon längst ihr eigenes Leben führen sind um ihren Vater besorgt und bemühen sich ihm einen Halt zu geben. Doch Joe zeigt sich verbittert und weißt viel gut gemeintes zurück. Meist wenn er von der Arbeit nach Hause kommt sinniert er über sein Leben. Mit 18 kam er damals mit seiner Mutter aus der Ukraine in die USA. Als junger Mann hatte er sich in Mary verliebt und umgarnte sie in seiner etwas ungelenken Art. Doch Mary lies ihn lange zappeln. Das Paar bekam einen Sohn und zwei Töchter. Joe war stets bemüht ein guter Ehemann und Vater zu sein. Nun, nach dem Tod seiner geliebten Frau steht er vor dem Nichts.

Er kämpft einen Sommer lang gegen ungelenke Trostangebote, gegen Gott und die Leere. Die Jahreszeit vergeht, doch Joe Berman bleibt.

Und wieder bin ich begeistert über die sprachkünstlerische Art des Autors. Sein Stil geht atmosphärisch in die Tiefe, dass ich Joe, sehr nahe begleite. Wie ein unsichtbarer Schatten.

„Am Himmel stand ein trüber und bedrohlicher Mond, weniger hell als die erleuchteten Fenster der Häuser ringsrum. Die Wäscheleine quietschte ein bisschen im leichten Wind, und eine Kittelschürze wehte, bewohnt von einem nächtlichen Luftgeist, sacht unter den Wäscheklammern, die sie hielten.”

Edward Lewis Wallant zeigt in diesem Werk, wie ein Mensch in einer modernen, entfremdeten Welt zu innerer Reife gelangen kann. Der Titel Des Menschen Jahreszeit verweist symbolisch auf die Lebensphasen: Kindheit (Frühling), Erwachsensein (Sommer), Reife (Herbst) und Alter (Winter). Joe Berman steht im „Winter“ seines Lebens, doch gerade dort findet er neue Menschlichkeit und Einsicht. Absolute Leseempfehlung!

Edward Lewis Wallant (1926–1962) diente im Zweiten Weltkrieg in der US-Marine und studierte danach Gestaltung am Pratt Institute und an der New School for Social Research in New York. Anschließend arbeitete er als Art Director in der Werbung. Seine schriftstellerische Karriere dauerte nur sechs Jahre, bis er mit 36 Jahren an einem Gehirnschlag starb. In dieser Zeit veröffentlichte er die Romane „Des Menschen Jahreszeit“ und „Der Pfandleiher“, der 1964 von Sidney Lumet mit Rod Steiger verfilmt wurde. Zwei weitere Werke, „Mr. Moonbloom“ und „The Children at the Gate“, erschienen nach seinem Tod. Wallant gilt als wichtiger jüdisch-amerikanischer Autor der Nachkriegszeit und wird oft mit Philip Roth, Saul Bellow und Norman Mailer verglichen.

Das Cover hat die Farbe Flieder und zeigt ein Insekt auf einer Linie. Die Schriften sind in Lila und Weiß gestaltet.

  • Des Menschen Jahreszeit
  • Edward Lewis Wallant
  • Roman
  • Wagenbach Verlag
  • ISBN: 978-3-8031-3383-0
  • Übersetzt von Barbara Schaden
  • 208 Seiten
  • Auf Deutsch erschienen im August 2025

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